Arbeitsbedingungen von Solo-Selbstständigen: Was sagen die Zahlen – und was machen wir daraus?  

Zur Vorstellung der Ergebnisse unserer Umfrage „Geht‘s gut?“ luden wir am 8. April 2025 zu einer digitalen Praxiswerkstatt ein, um gemeinsam mit Akteur*innen aus Interessenvertretungen von Solo-Selbstständigen in den Blick zu nehmen, wie Solo-Selbstständige ihre Arbeitsbedingungen einschätzen. Der Einladung folgten mehr als 40 Vertreter*innen unterschiedlichster Branchen.


Rund 1600 Solo-Selbstständige haben im Herbst 2024 an unserer Erhebung „Arbeitsbedingungen aus der Sicht von Solo-Selbstständigen“ teilgenommen – nun werden die Ergebnisse ausgewertet.

Eine erste Ergebnispräsentation der wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen des HDS Dr. Anne Röwer, Pia Probst und Rina Depperschmidt zeigte: Dreiviertel der Solo-Selbstständigen sind mit ihrer Arbeit zufrieden – ein Großteil empfindet die Arbeit als sinnstiftend und identifiziert sich in hohem oder sehr hohem Maß damit. Die Bereiche Einkommen und Sicherheit schnitten am schlechtesten ab – Fast 70 % der Solo-Selbstständigen empfinden ihr Einkommen als nicht angemessen, 89 % davon belastet die Diskrepanz zwischen Aufwand und Entlohnung.

Auch einen Einblick in die Zusammensetzung der Erhebungsteilnehmer*innen gab es – Solo-Selbstständige aus dem Bereich Redaktion und Journalismus nahmen am häufigsten an der Erhebung teil, aber auch Berufe in den darstellenden Künsten und Musik, Berufe mit Gesundheitsbezug oder aus der Lehre an außerschulischen Bildungseinrichtungen waren häufig vertreten.

Aus Ergebnissen Praxis machen – was braucht ihr?

Nach der Ergebnispräsentation wurde in drei parallelen Breakoutsessions diskutiert, gefragt, reflektiert – und es ging hinein in die Praxis: Welche der Themen sind für die Arbeit der Interessenvertreter*innen besonders relevant und hilfreich? Welche Punkte sollten besonders in die Öffentlichkeit getragen werden?  Welche Handlungsansätze für Solo-Selbstständige verfolgt ihr in euren Verbänden bereits und welche Unterstützungsformate braucht es darüber hinaus? Diese Schwerpunkte wurden in den Breakouts thematisiert:

Mental Health und Selbstregulierung

Auftragsakquise, Selbstorganisation und (mentale) Gesundheit stehen oft in Spannung zueinander – und meist leidet die eigene Gesundheit zuerst. Um Selbstausbeutung zu vermeiden, braucht es Erholungsphasen, soziale Unterstützung und finanzielle Rücklagen. Doch wie gelingt das? Die Teilnehmer*innen der Session diskutierten darüber, dass zum Beispiel zusätzliche administrative Aufgaben eine mentale Belastung darstellen. Ein Solo-Selbstständiger berichtete von Belastungen durch Präsentismus, also arbeiten, obwohl man krank ist. Beides sahen die Teilnehmer*innen in den Erhebungsergebnissen widergespiegelt.

In diesem Zusammenhang hilfreich fanden die Teilnehmer*innen unter anderem branchenübergreifende Netzwerke von und für Solo-Selbstständige, die (mentale) Gesundheit in den Fokus nehmen – das Thema arbeitsbezogene Gesundheit müsse insgesamt sichtbarer werden.

Auftraggeber*innen in der Mit-verantwortung

Solo-Selbstständige arbeiten zwar oftmals allein, aber nicht isoliert, sondern in sozialen Beziehungen – allen voran mit ihren Auftraggeber*innen. Auftraggeber*innen beeinflussen das Arbeitsklima, das Entstehen und Bewältigen von Konflikten und sie sind die zentrale Instanz für Wertschätzung.  Zumal sie natürlich auch einen Anteil an den Arbeitsbedingungen der Solo-Selbstständigen haben. Die Teilnehmer*innen dieser Session besprachen, dass eine große Öffentlichkeit der Erhebungsergebnisse unterstützen könnte, auch Auftraggebende von Solo-Selbstständigen für deren Arbeitsbedingungen zu sensibilisieren.

Hilfreich dafür könnten zum Beispiel Materialien zur Verbreitung der Ergebnisse auf Social-Media Plattformen sein. Auch (branchenübergreifende) Netzwerke von Solo-Selbstständigen könnten helfen, damit zum Beispiel Berufseinsteiger*innen vom Knowhow erfahrener Solo-Selbstständiger im Umgang mit Auftraggeber*innen profitieren könnten.

Markt, Struktur und Politik

Unter welchen Rahmenbedingungen (müssen) Solo-Selbstständige ihre Arbeit gestalten und wie nehmen sie diese wahr? Wie wird der Einfluss auf die Honorargestaltung wahrgenommen? Kann man Aufträge einfach ablehnen ohne Sorge vor Folgewirkungen? Wie fühlt man sich abgesichert im Falle von Elternschaft oder der Pflege von Angehörigen? Und wie sieht es eigentlich mit Weiterbildungen aus? Die Teilnehmer*innen dieser Session stellten sich unter anderem die Frage: Wie kommen wir zu realistischen (das heißt alle Tätigkeiten abbildenden) Honoraren? Als Good Practice Beispiele nannten sie etwa bereits bestehende Basishonorarrechner aus der Kulturbranche oder Mindesthonorare.

Wichtig sei auch Transparenz seitens Solo-Selbstständiger: Was kostet welche Leistung und wie setzt sich das Honorar zusammen? Gemeinsame Aktionen von Interessenvertretungen oder Netzwerken könnten die Sichtbarkeit und Anerkennung für die Arbeit Solo-Selbstständiger verbessern.  

Gemeinsam weiterdenken

Wir als HDS bringen die Ergebnisse in die Öffentlichkeit, stellen die Daten zur Verfügung.
Aber:  ihr seid die handelnden Akteure – die Vertreter*innen der Interessen von Solo-Selbstständigen.

In der Abschlussdiskussion interessierte uns deshalb:

  • Was braucht ihr in welcher Form, damit euch die Ergebnisse in eurer Arbeit nützen?
  • Welche Formate wären hilfreich – Austausch, Schulungen, Materialien, Tools?
  • Welche Schwerpunkte sind aus eurer Sicht relevant für die weitere Arbeit?
  • Wie kann es weitergehen – und zu welchen Themen wollt ihr ggf. nochmal zusammenkommen?

Vielleicht habt ihr als Verbandsvertreter*innen oder Solo-Selbstständige aus dem eigenen Berufsfeld auf die Ergebnisse geschaut – aber gerade, weil wir in der Praxiswerkstatt so zusammenkamen, stellte sich auch die Frage: Wo sind branchenübergreifende Gestaltungsfelder? Was wollt ihr gemeinsam mit anderen angehen?

Die digitale Praxiswerkstatt hat unter anderem gezeigt, dass es ein großes Bedürfnis nach Austausch, Sichtbarkeit und gemeinsamer Strategie gibt. Die Erhebung liefert dafür eine wichtige Grundlage – entscheidend wird sein, was wir jetzt gemeinsam daraus machen.

Wir danken allen Teilnehmenden für ihre Offenheit, ihr Fachwissen und ihr Engagement. In den kommenden Wochen bereiten wir die Ergebnisse weiter auf, stellen sie zur Verfügung – und freuen uns auf das, was daraus wächst.

Mehr Einblicke in die Erhebungsergebnisse im Wiki

Mehr Infos zur Erhebung und zu den Ergebnissen findet ihr schon jetzt in unserem Wiki. Auch Sharepics zum Teilen der Ergebnisse auf Social-Media gibt es dort zum Download, in Kürze wird es eine Präsentation mit ersten Einblicken in die Ergebnisse geben. Schaut doch mal rein!


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