Faire Preise für Solo-Selbstständige? Klar – weil wir es wert sind!

Die Preis- und Honorarfrage ist für viele Solo-Selbstständige eine große Herausforderung. Bei der Advents-Austausch-Bar des Hauses der Selbstständigen Hamburg stand am 4. Dezember 2024 genau dieses Thema im Mittelpunkt. Eventmanager und Musiker Tobias Schnell lieferte wertvolle Einblicke in eine selbstbewusste Preisgestaltung.

Von Gabriele Albers


Eine neue Perspektive auf die Kundenbeziehung

Der traditionelle Ansatz „Der Kunde ist König“ hat ausgedient – das wurde bereits zu Beginn des Abends deutlich. In skandinavischen Ländern ist dieser Ansatz ohnehin längst überholt. Stattdessen steht dort eine Beziehung auf Augenhöhe im Vordergrund: Der Kunde hat ein Problem, der Dienstleister oder Produzent die Lösung. Diese Dynamik findet sich zum Beispiel auch in der Gastronomie: Der Gast hat Hunger, das Restaurant bietet Essen. Eine klare, gleichberechtigte Geschäftsbeziehung.

Faktenbasierte Preiskalkulation

Die Zahlen sprechen eine eindeutige Sprache: Während Angestellte auf 220 Arbeitstage im Jahr kommen, bleiben Solo-Selbstständigen effektiv nur etwa 140 Tage für die direkte Kundenarbeit. Die restliche Zeit wird für Akquise, Marketing, Vertrieb, Buchhaltung, Finanzen, etc. benötigt. Dazu kommen jede Menge Kosten, die Angestellte nicht haben: Büroraum, technische Ausstattung, Telefon- und Internetkosten, Lizenzen, Versicherungen – um nur ein paar zu nennen. Dann die Tatsache, dass auch der Arbeitgeberanteil an den Sozialversicherungen vom Selbststständigen allein zu zahlen ist. Oder dass man etwas Geld für schlechtere Zeiten zurücklegen und entsprechend einkalkulieren sollte. Berücksichtigt man all diese Faktoren und nimmt den Medianlohn in Deutschland als Basis (also aktuell ca. 3.500 Euro brutto im Monat), liegt ein vergleichbarer Stundenlohn für Solo-Selbstständige bei 90 bis 95 Euro.

Professioneller Umgang mit Preisdiskussionen

„Aber das bezahlen meine Kunden nie!“ – Ja, leider verstehen auch viele Auftraggeber nicht, was alles an Kosten in einer Stunde steckt. Eine Möglichkeit ist deshalb, Komplettpreise anzubieten. Wenn ein preiskritischer Kunde dann weniger zahlen möchte, lautet die Gegenfrage: „Worauf möchten Sie in meinem Angebot verzichten?“ Diese Herangehensweise macht deutlich, dass Qualität ihren Preis hat. Klare Grenzen sind dabei besonders wichtig. Auch Zusatzleistungen sollten nicht umsonst sein, sondern eine zusätzliche Vergütung erfordern. Diese Grundregel sollte von Beginn an höflich, aber bestimmt kommuniziert werden.

Die Bedeutung der Umsatzsteueranmeldung

Ein wichtiger praktischer Ratschlag von Tobias Schnell betraf die Umsatzsteuer. Er rät allen Solo-Selbstständigen dazu, diese auf jeden Fall zu erheben. Die Anmeldung erhöht nicht nur die Professionalität, sondern erleichtert auch die Zusammenarbeit mit Firmenkunden erheblich. Zudem werden dadurch unangenehme Nachzahlungen vermieden, die bei Überschreitung der Umsatzgrenze für das gesamte Jahr fällig werden.

Grundsätze der Preisgestaltung

„Arbeiten für den vollen Preis oder umsonst, aber niemals billig“ – diese Kernaussage des Abends verdeutlicht die Bedeutung einer konsequenten Preisgestaltung. Auch wenn es immer günstigere Anbieter geben wird, liegt der Fokus auf dem eigenen Wert und dessen klarer Kommunikation. Die Erfahrung zeigt, dass es stets Kunden gibt, die Qualität zu schätzen wissen und bereit sind, angemessene Preise zu zahlen.

Grenzen setzen

Ein bemerkenswerter Aspekt des Vortrags war die Bedeutung von klaren Grenzen. „Es gibt einen vollständigen Satz, der keine weitere Erläuterung braucht und dieser Satz heißt: Nein.“ Eine klare Ermutigung an alle Solo-Selbstständigen, ihre Leistung wertzuschätzen und entsprechend zu bepreisen. Diese Klarheit zeigt sich in der Praxis etwa bei Restaurants, die bei kurzfristigen Absagen no-show-Gebühren berechnen, oder bei Dienstleistern, die konsequent keine Rabatte gewähren.

Mehr als eine Preisfrage

Die Veranstaltung machte deutlich, dass es bei der Preisgestaltung um mehr geht als nur um Zahlen. Im Kern steht die gegenseitige Wertschätzung zwischen Dienstleistern und Kunden. Die Empfehlung von Tobias Schnell lautet, sich auf Kunden zu konzentrieren, die diese Wertschätzung auch tatsächlich zeigen. Denn letztlich geht es darum, sich als Marke zu etablieren – und das gelingt nur mit einer überzeugenden Preispolitik.


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