Rund 20 Teilnehmer*innen diskutierten Ende Juni in Hamburg darüber, wie Solo-Selbstständige ihre Themen in den politischen Raum tragen können. Gabriele Albers, Leiterin des Haus der Selbstständigen (HDS) Hamburg, informierte im Gespräch mit Jan Möller, Mitglied der ehrenamtlichen Landeskommission Selbstständige bei der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft ver.di, darüber, was Lobbyarbeit eigentlich ist, welche Ebene über welches Thema entscheidet und wo mögliche Anknüpfungspunkte bestehen.
Wege zur effektiven Interessenvertretung
Solo-Selbstständige stehen oft vor besonderen Herausforderungen. Sie sind meist keine „klassischen“ Unternehmer*innen, die sich in Industrieverbänden organisieren. Aber sie sind eben auch keine „klassischen“ Angestellten. Solo-Selbstständige arbeiten oft allein und ohne größeres Netzwerk. Wie also sollen sie ihre Stimmen bündeln und ihre Anliegen wirkungsvoll in die politische Arena tragen?
Lobbyarbeit als demokratisches Instrument
Zunächst ist es wichtig, den Begriff „Lobbyismus“ nicht nur negativ zu denken. Lobbyismus ist eine legitime Interessenvertretung, die eine wichtige Vermittlungsfunktion in unserer Demokratie erfüllt. Politiker*innen können nicht in allen Bereichen Experten sein – hier kommen Interessenvertreter ins Spiel, die detailliertes Fachwissen einbringen.
Neben großen Wirtschaftsverbänden und Gewerkschaften sind auch NGOs, Agenturen und Think Tanks in der Lobbyarbeit aktiv. Während finanzielle Ressourcen zweifellos eine Rolle spielen, ist Geld aber nicht der einzige Erfolgsfaktor.
Um erfolgreich Lobbyarbeit zu betreiben, müssen Solo-Selbstständige verstehen, an welchen Punkten sie ansetzen können. Dazu sollte man wissen, wie das politische System aufgebaut ist, auf welcher Ebene welche Entscheidung getroffen und welches Gesetz verabschiedet wird. So werden zum Beispiel Themen wie Kranken-, Renten- und Arbeitslosenversicherung auf Bundesebene geregelt. Fragen zum Wettbewerbsrecht – und damit die Frage, ob Solo-Selbstständige sich zu Tarifverhandlungen zusammenschließen dürfen – werden hingegen auf europäischer Ebene behandelt.
Veränderungen gibt es über Gesetzesänderungen
Es klingt bürokratisch: Aber wer etwas am bestehenden System verändern will, muss Gesetze verändern. Das ist ein komplexer Prozess und für Einzelpersonen nahezu unmöglich. Im Rahmen des Gesetzgebungsprozesses gibt es aber verschiedene Punkte, an denen man gehört werden kann. Zum Beispiel als Mitglied von Expert*innenkommissionen (hier werden Vertreter*innen von Verbänden, Vereinen oder auch von Gewerkschaften eingeladen, die zu einem bestimmten Thema Expertise mitbringen). Aber auch im Vorfeld des Gesetzgebungsprozesses können sich Interessengruppen einbringen, indem sie ihre Themen in die Öffentlichkeit tragen und damit überhaupt erst sichtbar machen.
Praktische Tipps für Solo-Selbstständige
- Zusammenschlüsse bilden: Gemeinsam ist man stärker.
- Öffentlichkeitsarbeit betreiben: Anliegen sichtbar machen.
- Ansprechpartner*innen identifizieren: Wer ist der/die gewählte Wahlkreiskandidat*in vor Ort?
- Ehrenamtliches, gesellschaftliches oder politisches Engagement erwägen: Es kostet Zeit, bietet aber unschätzbare Einblicke und Kontakte.
Erkenntnisse aus der anschließenden Diskussion
Im Anschluss wurde ausführlich diskutiert. Dabei kristallisierten sich mehrere Punkte heraus, auf die natürlich noch keine fertigen Antworten gefunden wurden:
- Welche spezifischen Themen müssen dringend an die Politik herangetragen werden?
- Welche konkreten Schritte können in Hamburg unternommen werden, um die Interessen von Solo-Selbstständigen besser zu vertreten?
- Welche Rolle spielen dabei die Gewerkschaften und andere Interessenvertretungen?
Die Veranstaltung machte deutlich: Effektive Interessenvertretung für Solo-Selbstständige ist möglich und nötig. Sie erfordert Engagement, Zusammenarbeit und ein tiefes Verständnis politischer Prozesse. Indem Solo-Selbstständige ihre Kräfte bündeln und die richtigen Kanäle nutzen, können sie ihre Anliegen erfolgreich in den politischen Diskurs einbringen und somit aktiv an der Gestaltung ihrer Arbeitsbedingungen mitwirken.
Vielen Dank an alle Teilnehmer*innen für die spannenden Perspektiven!
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