Ergebnisse unserer Umfrage „Scheinbar unvereinbar“


Das Haus der Selbstständigen hat vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales den Auftrag, eine Ombudsstelle einzurichten und zu prüfen, inwieweit diese bzw. andere Formen der Schlichtung helfen können, Konflikte zwischen Solo-Selbstständigen und ihren Auftraggeber*innen zu lösen. Um mehr über deren Konflikte und Bewältigung zu erfahren, führten wir eine Umfrage durch.

Vielen Dank an alle, die sich die Zeit nahmen, an der Befragung teilzunehmen! Die Ergebnisse helfen uns, das Konzept einer Konfliktbeilegungsstelle anforderungsgerecht zu gestalten. Insgesamt beteiligten sich 130 Personen an der Befragung, darunter 10 Auftraggeber*innen. Aufgrund der geringen Beteiligung der Auftraggeber*innen, werden im Folgenden die Ergebnisse nur für die Solo-Selbstständigen vorgestellt.

Wer beteiligte sich?

Beteiligt haben sich Solo-Selbstständigen aus vielen Branchen und Berufen, gut die Hälfte konzentriert sich allerdings auf die drei Bereiche Journalismus und Redaktion, Mediengestaltung und Grafik sowie Bildung und Weiterbildung. Im Bereich Journalismus und Redaktion sind die Hälfte der Teilnehmenden Journalist*innen, die andere Hälfte verteilt sich auf Redakteur*innen, Autor*innen, Texter*innen und Übersetzer*innen; im Bereich Mediengestaltung und Grafik übt die Hälfte der Befragten den Beruf des/der Grafikdesigner*in aus. Im Bereich von Bildung und Weiterbildung sind die überwiegende Mehrheit der Befragten Dozent*innen an der VHS.

Knappe 90 Prozent der Befragten übt ihre Selbstständigkeit im Haupterwerb aus, lediglich ein kleiner Teil gab an, im Nebenerwerb selbstständig tätig zu sein.

Die Solo-Selbstständigen, die sich an der Umfrage beteiligten, sind überwiegend „alte Hasen“: Mehr als die Hälfte ist seit über 10 Jahren selbstständig, ein Drittel mindestens seit 4 Jahren. Damit blickt ein Großteil der befragten Solo-Selbstständigen auf eine lange berufliche Selbstständigkeit zurück und wurde im Laufe ihrer Selbstständigkeit auch mit dem einen oder anderen Konflikt konfrontiert.

Um welche Konflikte geht es?

Die von den Solo-Selbstständigen angeführten Konflikte lassen sich grob in zwei Themenbereiche aufspalten. Zum einen – wenig verwunderlich – geht es um das liebe Geld: Konflikte entstehen hier bei der Vergütungshöhe oder Provisionshöhe, im schlimmsten Fall kam es zu einem Ausfall oder Absage des Auftrags und damit zum Verlust des Honorars. Konflikte entstanden auch bei der Leistungsabnahme oder durch Zahlungsverzögerungen. Ein oft genannter Streitpunkt ist das Urheberrecht, der ebenfalls zu materiellen Konflikten führen kann.

Der zweite große Bereich umfasst die Auftragserteilung und die damit verbundene Kommunikation mit dem/der Auftraggeber*in: Hier wurden insbesondere eine unklare Auftragserteilung bzw. ein schlechtes Briefing als Konfliktursachen genannt. Unklare bzw. undefinierte Wünsche der Kund*innen gehen zudem oft einher mit aufwändigen Korrekturschleifen und langen Arbeitsprozessen.

Konflikt-Lösungs-Strategien

Wie wird mit Konflikten umgegangen?

Die häufigste Strategie den Konflikt zu klären ist die Suche nach dem direkten Gespräch mit dem/der Auftraggeber*in. Bei gut der Hälfte konnte der Konflikt auch im direkten Gespräch beigelegt werden. Als wichtig wurden auch gute Absprachen und Kommunikation als Teil einer gelungenen Klärung begriffen.

Am zweithäufigsten wurde der Austausch mit Personen aus dem beruflichen und privaten Umfeld genannt. Dieser löst zwar den Konflikt nicht, aber kann eine wichtige Hilfe in der Bearbeitung des Konfliktes und bei der Suche nach einer Konfliktlösungsstrategie sein.

Eine weitere Möglichkeit der Konfliktbearbeitung lag in der Wahrnehmung von Beratungsangeboten und anwaltlicher Beratung.

Auch das Nichteingehen des Konflikts ist eine Strategie, ebenso wie die Aufkündigung der Geschäftsbeziehung. Die Frage, wie mit Konflikten umgegangen wird, hängt sicherlich auch davon ab, inwieweit der/die Solo-Selbstständigen vom Auftraggeber*in stark wirtschaftlich abhängig ist und ein Ende der Geschäftsbeziehung befürchten muss. Diese Befürchtung ist nicht ganz unbegründet: Es gaben deutlich mehr Befragte an, dass die Geschäftsbeziehung nach Beendigung des Konflikts nicht fortgeführt wurde.

Voraussetzung dafür, dass ein Konflikt für beide Parteien zufriedenstellend beigelegt werden kann, ist das Machtgleichgewicht. Nur wenn beide Parteien auf Augenhöhe verhandeln können, kann auch ein Konflikt erfolgreich gelöst werden. Die Ergebnisse zum Gleichgewicht der Verhandlungsposition sind allerdings gespalten: Etwas mehr als die Hälfte der Solo-Selbstständigen sehen sich gegenüber Ihren Auftraggeber*innen als gleichberechtigte Partner*in an, knapp die Hälfte ist der Meinung, dass sie als Solo-Selbstständige „am kürzeren Hebel sitzen“ bzw. „austauschbar“ sind und sich eine geringe Verhandlungsmacht zuschreiben.

Als Grund für eine nicht zufriedenstellende Bearbeitung des Konflikts werden bei einem Viertel der Antworten eine aus der Perspektive der Solo-Selbstständigen unzureichende Bezahlung angeführt. Auch die Befürchtung vor hohen bzw. unkalkulierbaren Kosten für die Konfliktlösung lässt Solo-Selbstständige davon zurückschrecken, ihre Interessen gerichtlich zu klären.  

Wie könnten Konflikte besser geregelt werden?

Dass es im Arbeitsleben zu Konflikten kommt, ist nicht zu vermeiden. Konflikte sind auch nicht per se negativ. Ein Konflikt, der für beide Seiten zufriedenstellend gelöst wird, kann auch zur Klärung der Geschäftsbeziehung beitragen.

Die Höhe der Vergütung ist – wie bereits angeführt – ein großes Konfliktfeld. Hier geht es aber neben der konkreten Vergütung auch um die Wertschätzung der Arbeit der Solo-Selbstständigen. Eine branchenspezifische Orientierung für Honorare, die für beide Seiten offen und transparent ist, könnte helfen Konflikte zu reduzieren.

Das Thema „Honorare – was ist meine Arbeit wert?“, wird auch ein Schwerpunkt im HDS 2022 sein. Dazu planen wir eine breit angelegte Honorarumfrage sowie Weiterbildungsangebote. In den nächsten Newslettern und natürlich immer aktuell im Blog werden wir dazu berichten.

Daneben beruhen viele Konflikte, was die Art, den Umfang und die Ausführung des Auftrags anbelangten, auf unklaren Vorgaben und/oder unterschiedlichen Vorstellungen beider Seiten über die Ausführung. Weiterbildungsangebote und Informationsangebote können hier ein Baustein sein, um solche Konflikte schon im Vorfeld auszuschalten.

Basieren Konflikte auf einer unklaren Auftragsvergabe, hilft der gerichtliche Weg oft nicht weiter. Hier könnten aber Verhandlungs- oder Mediationsverfahren helfen, unterschiedliche Vorstellungen zu klären und so die Konflikte aufzulösen.

Im Haus der Selbstständigen arbeiten wir an der Entwicklung einer Konfliktbeilegungsstelle bzw. Ombudsstelle. An einem Workshop, den wir gemeinsam mit dem Institut für Konfliktmanagement der Europa-Universität Viadrina am 20.01.2022 durchführten, beteiligten sich Solo-Selbstständige und Auftraggeber*innen um ihre Anforderungen an eine solches Beratungsangebot gemeinsam zu diskutieren. Wir werden Euch dazu weiter auf dem Laufenden halten.


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