von Gabriele Albers
Beim jüngsten Netzwerktreffen des Hauses der Selbstständigen Hamburg am 22. April 2025 stand ein Thema im Mittelpunkt, das viele Solo-Selbstständige bewegt: Wie gestalten wir unsere berufliche Zukunft in Zeiten der KI? Die Texterinnen Christa Goede, Dr. Christine Hutterer und Daniela Rorig präsentierten ihre Antwort – das MI-Siegel.
Die Geschichte des MI-Siegels
Als Ende 2022 ChatGPT erschien, hielt sich die Aufregung in der Kreativwirtschaft noch in Grenzen. Die frühen KI-Texte wirkten oberflächlich, enthielten Falschinformationen und verfehlten oft den Kern der Sache. Doch die drei Texterinnen, die seit vielen Jahren selbstständig tätig sind, erkannten schnell das Potenzial und die Gefahr der Large Language Models (LLM), auf deren Technologie Angebote wie ChatGPT basieren. Die KI entwickelte sich rasant, und für viele Unternehmen klangen die Texte bald akzeptabel. Speziell, weil sie günstig und schnell zu haben waren. Dabei steckt hinter einem guten Text, einem gelungenen Webauftritt oder einer überzeugenden Präsentation viel mehr als ein guter Prompt. Um das zu verdeutlichen, riefen Goede, Hutterer und Rorig das MI-Siegel ins Leben. MI steht dabei für „Menschliche Intelligenz“ und soll den unverzichtbaren Wert menschlicher Arbeit in Zeiten der KI sichtbar machen.
Das Letzte-Wort-Prinzip
Das MI-Siegel ist ein Qualitätssiegel, das verdeutlicht, dass während des gesamten Schaffensprozesses immer ein Mensch steht, der die Verantwortung übernimmt. Die Entscheidungshoheit, die Qualitätskontrolle und die letzte Bearbeitung bleiben in menschlicher Hand. Das „Letzte-Wort-Prinzip“, also die letzte Freigabe eines Textes durch den Menschen, sichert die Qualität der Arbeit.

Fünf zentrale Aspekte der menschlichen Intelligenz
Die drei Initiatorinnen kritisieren nicht die technologische Entwicklung an sich. Vielmehr zeigen sie auf, wo der alleinige Einsatz von KI zu schlechteren Ergebnissen führt:
- Professionelles Briefing: Die Fähigkeit, ein gutes Briefing zu erstellen, ist die Grundlage für jeden hochwertigen Content – und zugleich Voraussetzung für gutes Prompten.
- Konzeptionelle Arbeit: Ein nachhaltiges Konzept berücksichtigt Unternehmensziele, Zielgruppen und Tonalität – hier braucht es menschliche Expertise.
- Authentizität für Marken: Echte Markenkommunikation entsteht durch Empathie – sowohl für die Marke als auch für die Zielgruppe.
- Erfahrungswissen statt Datenbank: KI kann nur reproduzieren, was in ihrem Trainingsdatensatz vorhanden ist – ohne eigenes Erfahrungswissen.
- Sprachgefühl und Emotionale Intelligenz: Diese menschlichen Qualitäten kann KI bislang nur unzureichend nachbilden.
Vom Text zur branchenübergreifenden Initiative
Die MI-Kodizes gibt es inzwischen für acht Tätigkeitsfelder: Text, Marketing, Design, Dolmetschen, Übersetzung, Lektorat, Fotografie und Webentwicklung. Weitere sind in Vorbereitung. Das MI-Siegel hilft dabei beiden Seiten: Es dient Kreativen als Instrument, um den Wert ihrer Arbeit zu kommunizieren, aber auch den Unternehmen zur Qualitätssicherung.
Lebhafte Diskussion mit vielen Perspektiven
Die anschließende Diskussion war geprägt von kritischen Fragen und lebhaftem Austausch. Es wurde deutlich, dass das MI-Siegel nicht nur ein Qualitätsversprechen darstellt, sondern auch eine Haltung zum verantwortungsvollen Umgang mit KI verkörpert. Eigenverantwortung ist dabei ein wichtiger Aspekt, denn auch wer mit KI arbeitet, bleibt für das Ergebnis verantwortlich. Bei einer falschen Übersetzung ist nicht die KI schuld, sondern der Mensch, der sie genutzt hat. Daten dürfen nicht einfach in die Suchfelder hineinkopiert werden, genauso wenig wie Bilder. Das Thema Urheberrecht ist dabei noch lange nicht geklärt.
Europäisches Thema mit Zukunftspotenzial
Auf der politischen Seite gibt es entsprechend Handlungsbedarf. Der europäische AI-Act ist in vielen Bereichen lückenhaft. Deshalb ist es so wichtig ist, lautstark mit diesem Thema in die Öffentlichkeit zu treten.
Noch steht das MI-Siegel ganz am Anfang. Mit einem Newsletter, der bereits 500 Abonnenten und Öffnungsraten von 80% verzeichnet, wächst die Community aber stetig. Vernetzungen mit anderen Initiativen sind in Arbeit. Je mehr mitmachen, umso größer wird der Einfluss.
Wer mehr über das MI-Siegel erfahren möchte, findet hier weitere Informationen.
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