Solo-Selbstständig. Und das mit Kind!

Rückblick auf das erste Vernetzungstreffen im HDS


Bereits in der Ankündigung zur Veranstaltung hatten wir einige Fragen zusammengetragen, die Solo-Selbstständigen mit Kindern unter den Nägeln brennen. Wie sehr diese existenziellen Fragen bereits SoloS mit Kinderwunsch beschäftigen, war für uns durchaus überraschend. 

Am vorletzten Novembertag trafen Anne und Rina vom Haus der Selbstständigen und die Initiatorinnen Anna, Katja und Gundula auf Interessierte, die sich online zugeschaltet hatten: SoloS mit Baby oder Kleinkind sowie Menschen mit Kinderwunsch, so u.a. ein Paar, das sich von zwei verschiedenen Orten in Deutschland zugeschaltet hatte und eine Teilnehmerin, die von ihrem derzeitigen Arbeitsort in Südafrika teilnahm.

In unserem Freiraum tummelten sich Annas Zwillinge, die bereits laufen können und neugierig alles (auch unsere Technik 😉 erkundeten. Katjas kleiner Sohn, rund drei Monate alt, blieb über die zwei Stunden unseres Treffens weitgehend entspannt. Und auch an den Bildschirmen waren Babys und kleine Kinder zu sehen, die ihren Eltern neben unserem Treffen Aufmerksamkeit abverlangten. Damit waren wir schon mitten im Thema: Wie geht das? Selbstständig arbeiten und gleichzeitig da sein für den Nachwuchs? 

Beim ersten Vernetzungstreffen sollten die dringendsten Bedarfe von Solo-Eltern gesammelt werden. Wir vom HDS wollten wissen: Welche Angebote und Formate wünscht ihr euch? Wie könnte das HDS euch unterstützen? Wen könnte man für einen Austausch oder eine Fragerunde einladen? An wen würdet ihr eure Fragen gerne richten? Welche konkreten Herausforderungen sind gerade akut? Wo gibt es bereits Hilfsangebote? Wo informiert ihr euch? Wie können wir gute Hinweise sammeln und zur Verfügung stellen?

Den Einstieg gestalteten die drei Initiatorinnen der Veranstaltung mit ihren Erfahrungsberichten: Textilkünstlerin Anna sprach über ihren Alltag mit drei Kindern, den Hürden bei Ämtern, aber auch bei Kund*innen und ihrem Engagement in dem Netzwerk #engmaschig. Tänzerin Katja erzählte von den unzähligen Fragen in ihrer Schwangerschaft z. B. zum Elterngeld, ihrer Suche nach Gleichgesinnten und ihrem neuen Leben mit Kind. Und Gundula – heute erneut gefordert als Oma – schaute zurück auf ihre Zeit als alleinerziehende Solo-Selbstständige mit zwei Kindern in den 1990er Jahren. Schon nach dieser Runde wurde klar, dass sich für Solo-Eltern seit Jahrzehnten nicht wirklich etwas verbessert hat. 

Was weiß ich heute, was ich gern gewusst hätte? Und wo habe ich Unterstützung vermisst?

Tänzerin Katja weiß heute, dass Elterngeld/Mutterschaftsgeld nach dem Gewinn des Vorjahres berechnet wird, nicht etwa nach den Einnahmen! Schrüppe, Modedesignerin und ebenfalls im Netzwerk #engmaschig aktiv, hatte sich bis zur Geburt gut vorbereitet – aber auf das solo-selbstständige Leben mit einem Baby, das nachts wenig schlief, nicht: „Ich war so müde, dass ich die ersten drei Monate nicht wirklich arbeitsfähig war. Ich hätte das besser planen müssen – und mir überlegen, ob ich nach der Geburt wirklich für alles ansprechbar sein will.“

Textilerin Anna hätte sich von Frauenärztin und Krankenkasse Beratung gewünscht. „Da wurde nur grob gefragt, was man tut… und dass ich mich in den letzten Monaten hätte krankschreiben lassen können, wurde mir nicht vermittelt.“ Das hätte Anna zwar entlastet, ihr aber auch Verdienstausfall beschert. Ihre Erfahrung: „Der Grundtenor ist doch, dass man sich ja mal für die Selbstständigkeit entschieden hat und eventuelle Schwierigkeiten eben allein ausbaden muss.“ Auch später in der Kita sei das Verständnis für die speziellen Herausforderungen der Selbstständigkeit nicht gerade groß gewesen. 

Gundula erzählte von ihren Erfahrungen mit Krankheit und Selbstständigkeit. Sich krankschreiben lassen – wer kann sich das leisten ohne Krankengeldanspruch? So arbeitete sie trotz eines Burnouts weiter, so gut es eben ging. Sie hoffte auf eine Reha, in der ihre Kinder betreut würden. Doch auch das war eine Fehlannahme: „Meine Krankenkasse sagte, dass ich ja gesund sei, wenn ich nicht krankgeschrieben gewesen sei. Deshalb hätte ich auch keinen Anspruch auf eine Reha.“ Und selbst wenn man zum Beispiel eine Mutter-Kind -Kur genehmigt bekommt,

ist einzuplanen, dass man in dieser Zeit nichts verdient. Diese Erfahrungen hatten auch andere Teilnehmer*innen schon gemacht. Hier lohnt es sich, bei der jeweiligen Krankenversicherung nachzufragen, wie ein Krankengeldanspruch ab dem ersten Krankheitstag den monatlichen Beitrag beeinflusst. Eine Teilnehmerin berichtete, dass sie zuerst privat krankenversichert war… doch das wird spätestens bei der Gründung einer Familie eine teure Angelegenheit. Deshalb sei es sinnvoll, den Wechsel in die gesetzliche Krankenversicherung zu versuchen, u.U. über eine (vorübergehende) Festanstellung. Gerade hinsichtlich gesetzlicher Regelungen für SoloS wünschen sich alle Teilnehmer*innen mehr Informationen – und generell ein gesellschaftliches Klima, in dem Kinder willkommen sind und Eltern unterstützt werden.

Aber es gibt auch gute Momente …

Trotz aller Schwierigkeiten konnten die meisten, die schon Kinder haben, auch gute Tipps weiterreichen: Ob eine engagierte Mitarbeiterin im Familienberatungszentrum Donum Vita im Leipziger Stadtteil Plagwitz, einem Secondhandladen für Schwangerschaftskleidung und Babysachen, in dem einfach die verwachsenen Strampler gegen größere getauscht werden können. 

Und auch das eigene Verhalten spielt eine große Rolle: So machte Anna ihre Situation als junge Mutter ihren Kund*innen gegenüber transparent und überließ es ihnen, ob sie den Auftrag lieber jemand anderem erteilen möchten – und bekam größtenteils positives Feedback. „Und ich habe unbeabsichtigt anderen Leuten vorgemacht, dass Solo-Selbstständigkeit mit Kind möglich ist, weil ich jeden Tag mit dem Kinderwagen in mein Atelier gefahren bin.“ Auch das Kind zu Terminen mitnehmen, z. B. auf eine Fachtagung, kann gut funktionieren, denn die Menschen werden so direkt konfrontiert und reagieren nach Katjas Erfahrung meist sehr positiv und kümmern sich mit.

Auch die Anmerkung, dass z.B. kein Wickeltisch vorhanden ist, bringe Verantwortliche zum Nach- und vielleicht sogar Umdenken. Und die Kinder? „Sie können ebenfalls profitieren, wenn sie die Arbeit ihrer Eltern mit allen Höhen und Tiefen miterleben“, so die Meinung von einigen. Vielen merkte man die Erleichterung nach dem Austausch an: „Gut, dass ich nun nicht mehr allein dastehe“, brachte es eine Teilnehmerin auf den Punkt.

Blick nach vorn: Treffen der Solo-Eltern werden fortgesetzt

Im letzten Teil des Treffens wurden viele gute Anregungen und Ideen gesammelt. So könnte es u. U. helfen, Jugendämter für die Probleme von SoloS zu sensibilisieren. Eine Idee ist, Geschichten von Solo-Eltern online zugänglich zu machen, gute und traurige Erfahrungen sowie solidarische Lösungen aus dem echten Leben zu teilen. Ein weiterer Wunsch der Teilnehmer*innen bezog sich auf gebündelte Informationen für Solo-Eltern und solche, die es werden wollen.

Wir bleiben an diesem Thema dran und planen das nächste Treffen für den März 2023. Bis dahin sammeln wir Informationen, Erfahrungen und Tipps von euch und machen uns Gedanken, wie wir dieses praktisch bündeln können. Bitte beteiligt euch! Schreibt uns eine E-Mail und wirkt an der Info-Sammlung, die für Solo-Eltern entstehen soll, aktiv mit!


Verfasserin: Gundula Lasch


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